Vorübergehender Aufenthalt in der Schweiz mit Erwerbtätigkeit von EU/EFTA-Staatsangehörigen – sogenannte "Entsandte"

(30. Mai 2023)

Darf ich als EU-Arbeitgeber meine EU/EFTA Mitarbeiter in die Schweiz zur Verrichtung einer Dienstleistung (Erwerbstätigkeit) entsenden?
  

Grundsätzlich JA, allerdings hängt das weitere Vorgehen ab von der Zeitdauer der Entsendung (sowie auch der betroffenen Branche).

a. Entsendung bis 8 Tage
Grundsätzlich melde- und bewilligungsfrei. Bei gewissen Branchen wie u. a. Bau- oder Gastgewerbe muss aber vom ersten Tag eine Meldung gemacht werden.

b. Entsendung von 8 Tagen bis 90 Tage / Kalenderjahr
Grundsätzlich meldepflichtig. Diese Meldung kann einfach und schnell über das Internet gemacht werden. Neben der rechtzeitigen Meldung vor Einreise in die Schweiz sind keine weiteren Schritte oder Bedingungen einzuhalten.

c. 120-Tage Bewilligung
Für Dienstleistungen, die länger als 90 Tage innerhalb von 12 Monaten dauern, kann eine 120-Tage Bewilligung (resp. 4 Monate) vorab eingeholt werden. Diese 120-Tage Bewilligung kann daher als Vorstufe einer eigentlichen Bewilligung betrachtet werden.

d. Entsendung von mehr als 90 Tage / Kalenderjahr
Grundsätzlich bewilligungspflichtig. In diesem Falle ist eine Bewilligung zur Dienstleistungserbringung nötig, und zwar für die Dauer des Auftrages in der Schweiz. Die ausländische Person hat die Ankunft aus eigener Initiative beim zuständigen Einwohneramt zu melden und ein Bewilligungsgesuch einreichen.

Bei einer Dienstleistungserbringung in der Schweiz von mehr als 90 Tagen: was für Bewilligungen gibt es?

a. Kurzaufenthaltsbewilligung (L-EU/EFTA)
Die Bewilligung L wird auf Vorlegen eines Arbeitsvertrags für weniger als ein Jahr erteilt. Die Gültigkeit der Bewilligung entspricht der Dauer des Arbeitsvertrags. Es besteht die Möglichkeit der Verlängerung und der Erneuerung der Bewilligung L ohne das Land verlassen zu müssen.

b. Grenzgängerbewilligung (G-EU/EFTA)
Die Bewilligung G ist auf die Dauer des Arbeitsvertrags beschränkt, wenn der Arbeitsvertrag für weniger als zwölf Monate gültig ist. Auf Vorlegen eines Arbeitsvertrags für eine Dauer von mehr als zwölf Monate (oder unbefristet) ist die Grenzgängerbewilligung fünf Jahre lang gültig. Die Grenzgänger müssen einmal pro Woche an ihren Wohnort zurückkehren.

c. Aufenthaltsbewilligung (B-EU/EFTA)
Die Bewilligung B ist für fünf Jahre gültig. Sie wird nach Vorlegen eines Arbeitsvertrags erteilt, der für mindestens ein Jahr oder unbefristet abgeschlossen wurde. Mit dieser Bewilligung kann sich der Entsandte in der Schweiz jederzeit und frei bewegen. Es besteht keine periodische Heimkehrpflicht.

d. Niederlassungsbewilligung (C-EU/EFTA)
Die Bewilligung C wird in der Regel nach einem ordnungsgemäßen und ununterbrochenen Aufenthalt von fünf (EU-15) oder zehn Jahren (EU-10, BG/RO) in der Schweiz erteilt. Das Aufenthaltsrecht ist unbeschränkt und darf nicht an Bedingungen geknüpft werden. Bei EU-/EFTA-Angehörigen richtet sich die Erteilung der Niederlassungsbewilligung nach den Bestimmungen des schweizerischen Ausländergesetzes und der Niederlassungsvereinbarungen.
  

Was ist in Bezug auf die Sozialversicherungen zu berücksichtigen?

Das international anerkannte "Formular A1" bescheinigt das nationale Sozialversicherungsrecht, welches für seinen Inhaber nach den zwischen der Schweiz und den EU-Staaten geltenden Koordinierungsregeln gilt. Dieses Dokument bescheinigt, dass der Inhaber nur in dem Land, welches das Formular A1 ausgestellt hat, Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten hat. Das Formular A1 gilt grundsätzlich für 12 Monate, kann aber um weitere 12 Monate verlängert werden, somit 24 Monate total.

Beispiel: Aufenthalt eines Entsandten von 18 Monaten: mittels ausländischem Formular A1 verbleibt die Sozialversicherungspflicht für 12 Monate im Entsendeland bestehen. Dies kann nochmals um 6 Monate verlängert werden, sodass für den gesamten Aufenthalt keine Schweizer Sozialabgaben geschuldet sind.
  

Wie wird die Vergütung einer Arbeitsleistung des Entsandten besteuert?

Die Besteuerung hängt im Wesentlichen von der Dauer des Aufenthalts in der Schweiz ab. Von dieser Grundregel kann allerdings abgewichen werden je nach Doppelbesteuerungsabkommen mit dem jeweiligen Entsendeland, sowie maßgeblichen OECD-Standards. Die Grundregel besagt daher, dass das Besteuerungsrecht grundsätzlich beim entsendenden Ansässigkeitsstaat verbleibt, falls folgende Punkte kumulativ erfüllt sind:

a. die entsandte Arbeitskraft hält sich nicht länger als 180 Tage in einem Zeitraum von zwölf Monaten in der Schweiz auf.

b. die Vergütung für die Arbeitsleistung wird nicht von einem Arbeitgeber in der Schweiz (oder von einer eigenen Schweizer Betriebsstätte) getragen und bezahlt.

Beispiel: wenn ein EU-Bürger für eine Zeitdauer von ununterbrochen zehn Monate in die Schweiz entsendet wird für die Verrichtung einer Dienstleistung auf Schweizer Boden, ist auf der Entschädigung dieser Arbeitsleistung Schweizer Einkommenssteuer geschuldet. Hinweis: in diesem Falle kann die Sozialversicherungslast mittels Formular A1 im Entsendeland verbleiben. Dies bewirkt ein sogenanntes Splitting von Steuern und Sozialversicherungen.
  

Exkurs: Was gilt für Nicht-EU-Staatsangehöriger (Drittstaaten)?

Sämtliche oben genannten Bedingungen und Regelungen können auch für Nicht-EU-Bürger angewendet werden mit folgenden Ausnahmen und Ergänzungen:

a. Arbeitsmarktrechtliche Gesuchprüfung
Ausländische Arbeitgeber müssen den entsandten Arbeitnehmenden aus Drittstaaten mindestens die Lohn- und Arbeitsbedingungen garantieren, die in schweizerischen Bundesgesetzen sowie Verordnungen, als auch allgemein verbindlich erklärten Gesamt- und Normalarbeitsverträgen festgeschrieben wurden. Um dies sicherzustellen, muss vorab ein Gesuch um deren Prüfung gestellt werden.

b. Kontingente
Für Drittstaatsangehörige können Kontingente gelten und zur Anwendung kommen. Die Zahl und Handhabung dieser Kontingente hängen allerdings ab von der Branche, von der Tatsache ob die Entsandten Fachkräfte/Spezialisten sind, sowie auch von regionalen und wirtschaftlichen Unterschieden. Daher muss ein EU-Arbeitgeber sich frühzeitig bei den Kantonalen Migrationsämtern darüber informieren.

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